8 Fragen an Stefan Zeiler

Landschaften in Natur und Stadt, im Außen und Innen, wirklich und aus dem Kopf –

mit diesen Themen regt Stefan Zeiler seine Kursteilnehmer immer wieder neu

zu erzählerischen Bildern an.

Filmstills aus ZIMZUM

„Ich folge der Sehnsucht als solcher,

darum ist Landschaft auch ein Thema,

das mich freut.“

An was hast du heute Morgen beim Aufwachen gedacht?
An eine leider unerfreuliche Sache, in der ich auch ganz machtlos bin, und die mit meiner kleinen Wohnung und der ignoranten Hausverwaltung zu tun hat und mit meinen engen Lebensverhältnissen.

Was war dein Antrieb, dich im Atelierprojekt zu engagieren?
Ich hatte als Gelderwerb über viele Jahre eine ziemlich anstrengende Tätigkeit im Museum, und da war der Wechsel von der handwerklichen Hilfsarbeit zu einem verantwortlich und selbstständig gestalteten Kunstunterricht eine wirkliche Verbesserung. Ich bin kein Pädagoge und habe auch nicht Lehramt, sondern freie Malerei studiert. Gleichwohl habe ich die Dozenturen immer als große Herausforderung verstanden: Menschen dabei zu helfen, ihre Bilder gestalten, und ihnen dabei auch Kriterien zur Hand zu geben. Die sind nicht in Stein gemeißelt, aber als Lehrer steht man auch für eine Weltsicht, und die kann man nicht verleugnen.  

Was bedeutet das Atelierprojekt jetzt für dich?
Es bedeutet, einer Arbeit nachzugehen, für die ich die entsprechende Qualifikation habe. Da ich im Laufe meiner (nicht existenten) Künstlerkarriere schon sehr viele ungelernte Jobs machen musste, um zu überleben, ist es für mich schön, einen Lehrauftrag zu haben, der meiner Ausbildung entspricht.
Zudem ist das Atelierprojekt eine Institution, hinter deren Ausrichtung ich voll und ganz stehen kann. Auch der Austausch auf Augenhöhe mit den Kursteilnehmerinnen (es sind hauptsächlich Frauen, die die Kurse besuchen) ist immer anregend und wirkt sich manchmal auch auf meine Arbeit aus.

Welches Werkzeug setzt du am liebsten für deine Kunst ein?

Mein Urteilsvermögen. Leider wird es sehr leicht stumpf und muss immer wieder neu geschärft bzw. neu justiert werden. Manchmal ist es nicht zur Hand, dann bin ich ganz verloren.

Was ist deine größte Herausforderung im täglichen Leben und Arbeiten?
Mich meiner Trägheit, meinen Ängsten und meiner Lebensuntüchtigkeit zu stellen.

Welcher künstlerischen Sehnsucht folgst du?
Ich folge der Sehnsucht als solcher (im Sinne der Romantik), vielleicht ist darum Landschaft auch ein Thema, das mich freut.  

Technisch ausgedrückt, versuche ich nicht neue (Bild)Formeln zu entwickeln, sondern alte, die nicht mehr in Gebrauch sind, zu aktivieren. (Das gilt für die Malerei. Im Filmen bin ich Autodidakt und nicht so reflektiert, was vielleicht ein Vorteil ist.)  

Insel im Fluss, 2020, 30 x 40 cm, Pigment, Pastell, Kohle auf Papier

Wobei empfindest du das Glück?
Glück als eine innere Schönwetterperiode erlebe ich nur äußerst selten. Ich habe mich immer ziemlich schwer damit getan, mich rundum wohl zu fühlen. Das ist leider bei mir so. Als Ziel, oder Hafen, oder Sehnsuchtsort des Lebens aber gibt es „Glück“ für mich sehr wohl, freilich mehr als ein Versprechen, denn als ein verlässlich wiederkehrendes Genussmoment.  

Vielleicht bin ich an schönen Orten unter freiem Himmel glücklich. Oder mit bestimmten Menschen. Auch das Sonnenlicht im Frühling kann ein Hochgefühl auszulösen. Oder wenn die Arbeit gut vorankommt, dass es weiter geht. Glücksgefühle, wenn ein Werk gelingt, sind freilich trügerisch. Kunst kann nur den Schatten geben von dem, was wirklich ist. Die Welt ist völlig rätselhaft, wissenschaftliche Erklärungen beschreiben nur die Phänomene, nichts ist irgendwie erklärbar, und am wenigsten die Bilder.

Ist spielen Kunst oder Kunst ein Spiel?
Darüber hat schon Friedrich Schiller gründlich nachgedacht. In seinem Essay „Die Ästhetische Erziehung des Menschen“ zieht er bekanntlich das Fazit, dass der Mensch erst da ganz Mensch ist, wo er spielt. Ich habe darüber auch ein Kunstvideo gemacht SCHILLERS LOCKEN – Stream“, und dabei den Eindruck gewonnen, dass der Text von Schiller selbst ästhetischen Kriterien folgt, also selbst auch ein „Spiel“ ist. Spiele aber haben Regeln.  

Kunst ist vielleicht ein Spiel, allerdings ein ernstes Spiel, das manchmal eine ungeheure Anstrengung erfordert, und bei dem es um viel geht, weil Kunst meiner Meinung nach auch einen „hohen“ Auftrag hat. Der Rückschluss, dass spielen Kunst sei, ist also nicht zulässig. Das wäre auch absurd. Denn dann wären auch die Sandkastenspiele der Generäle Kunst (Kriegskunst sozusagen). Man sieht, wie explosiv das Hantieren mit der „Kunst“ sein kann, wenn man den Begriff so weit fasst, dass er den Rahmen des eigentlich Gemeinten sprengt. Kunst wirft nicht durcheinander, sondern sie schafft Ganzheiten, selbst da, wo sie nur Fragmente anzubieten hat.

Links:

Blick ins Atelier

with a small degree of design (2019)

ZIMZUM –Trailer

Schillers Locken – Stream