Das Aquarell beschäftigt mich seit fast 30 Jahren und trotzdem habe ich immer das Gefühl, ganz am Anfang zu stehen, denn diese Technik ist höchst anspruchsvoll: sie funktioniert nicht wie der normale Farbauftrag, wo jede zusätzliche Schicht den Bildausdruck verstärkt.
Das meiste der Aquarell-Produktion ist Ausschuss: zu viel Farbe oder zu spät aufgehört.
Neben dem praktischen Aspekt – ein schlankes Gepäck und wenig Aufwand – hat es folgende Vorteile, sich mit dieser Technik zu befassen:
– Da es nicht möglich ist zu korrigieren, kann man einen analytischen, von Anfang an geplanten Bildaufbau erlernen. Die Technik zwingt dazu, sich auf wenige Farben zu konzentrieren. Denn durch das Übereinanderlegen von Lasuren entsteht sowieso eine Vielzahl von zarten Tönen.
– Die Materialität (von Papier, Farbe und Pinsel) ist im Vordergrund. Noch weniger als bei deckenden Techniken kann man dem Material den eigenen Willen aufzwingen, sondern man muss in Rücksicht und Einklang mit dem Verhalten von Papier und Farbe arbeiten -generell ein guter Ansatz!
– Das Aussparen und Weglassen ist beim Aquarell ein wichtiges Gestaltungsprinzip, da als Weiss nur das unbemalte Papier zur Verfügung steht. Die Negativformen geraten also stärker in den Blick.
– Die Brillanz, Reinheit und Leuchtkraft der Aquarellfarbe sind eine Freude für jeden Koloristen. Farbe, Papier und Pinselspur werden eins und entwickeln bei sehr guter Qualität des Ausgangsmaterials einen sehr hohen ästhetischen Reiz, der mit keiner anderen Maltechnik zu erreichen ist.
– Nur, Geduld muss man für das Aquarell haben oder lernen. Auch ein sehr guter Nebeneffekt!
Silke Blomeyer, Lenggries im Frühjahr 2020 (Corona-Zeit)